Auf Links gemalt

Montags sind die Museen geschlossen. Aber Kunst gibt’s trotzdem. Heute. Hier.

Ich habe meine Museumsufer-Card gezückt und bin in die Schirn gegangen. Dort gibt es gerade Bilder von Peter Saul zu sehen. Und ich muss sagen: Es hat sich gelohnt.

 

Peter Saul ist ein Maler, der ein klares politisches Anliegen hat. Er kritisiert die Schattenseiten des amerikanischen Traums in aller Deutlichkeit. Krass. Witzig. Mit einer klaren politischen Haltung. Seine Themen sind das unreflektierte Konsumieren, Rassismus, der Vietnamkrieg, die Schattenseiten von Amerika. Dabei bedient er sich einem „Cross-over aus Pop-Art, Surrea­lis­mus, Abstrak­tem Expres­sio­nis­mus, San Fran­cisco Funk und Cartoon Culture“. Peter Saul malt Noir in knallbunten Farben.

Gerade nach den Krawallen rund um den G20 Gipfel in Hamburg finde ich es sehr erfrischend zu sehen, wie kreative Kritik aussehen kann. Und dadurch mehr zum Nachdenken anregt als das Abfackeln von Autos, die nicht in der teuren Garage stehen.

Zweitens, und jetzt setze ich meine Social Media Brille auf und fantasiere etwas vor mich hin: Die Bildwelten insbesondere auf Instagram sind farbenfroh und extrem positiv. Happy shiny people. Die Bilder von Peter Saul könnten auch ein Parodie auf diese Bilderwelten sein. Obwohl sich hauptsächlich in den 60er, 70er und 80er Jahren entstanden sind.

Drittens: Peter Saul setzt sich ganz bewusst von der abstrakten Malerei ab. Sie läuft Gefahr für ihn Gefahr, zur bloßen Dekoration zu werden. Er dagegen will Geschichten erzählen und klar Position beziehen. Mir gefällt er sicher auch deshalb so gut, weil er von seiner Haltung und seinem Witz her in der Titanic veröffentlicht werden könnte.

Viertens: Leider verhält sich das an Kunst interessierte Publikum frei nach dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“. Vor ein paar Monaten wurde Magritte in der Schirn überrannt. Bei Peter Saul war es leider (oder zum Glück?) relativ leer. Aber ich bin mir sicher, das ändert sich jetzt 🙂

PS: Der Katalog ist sehr schön gestaltet und hochwertig gedruckt. Die sehenswerte Ausstellung läuft noch bis zum 3. September.

Wer es etwas düster mag

Oh Mann. Seit gestern habe ich einen neuen Follower meines Blogs. Und daher ein etwas schlechtes Gewissen. Denn dieser Blog wird langsam zu einer schlafenden Schönheit. Zeit, das zu ändern…

Gestern, das Thermometer scharwenzelte um die 30 Grad Marke herum, begab ich mich in die wohl temperierten, um nicht zu sagen: kühlen Räumen, des Frankfurter Goethe Hauses. Denn dort gibt es, noch bis zum 18. Juni, eine schauerlich-schöne Ausstellung zu bewundern. Alles dreht sich um das weltberühmte Gemälde „Nachtmahr“ von Johann Heinrich Füssli.

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Johann Heinrich Füssli: Der Nachtmahr, Öl auf Leinwand, 1790/91
Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, © David Hall

Es dreht sich um dieses zentrale Werk im Wortsinn. In der Mitte des Raumes befinden sich Gemälde von (hauptsächlich) Füssli. Um sie herum „kreisen“ Bücher, Skizzen, Karikaturen, die sich mehr oder weniger direkt auf den „Nachtmahr“ beziehen:

„Anhand von mehr als 150 Exponaten – Gemälden, Zeichnungen, Graphiken, Büchern und Filmen – beleuchten wir erstmals die Entstehungsgeschichte des faszinierenden Bildes und verfolgen seine bis heute anhaltende Rezeption in den unterschiedlichen Medien.“

Diese Konzentration finde ich sehr angenehm. In den großen Frankfurter Museum kommt es ob der Fülle der Werke manchmal zu einem visuellen Overkill – ich weiß dann nicht, wo ich zuerst hinschauen soll und sehe dann den berühmten Wald nicht mehr.

Die Ausstellung an sich ist schon beeindruckend. Aber zu etwas Besonderem wurde sie durch den Führer durch die dunklen Abgründe: Lord Byron persönlich gab sich die Ehre! Erweckt von den Toten durch Katharina Schaaf, die in knapp zwei Stunden sehr unterhaltsam und kompetent die verschiedenen Facetten um den „Nachtmahr“ erläutert hat. Wirklich großartig!

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Katharina Schaaf als Lord Byron

Ich habe gerade auf der Webseite gesehen, dass es diese Führung im Rahmen der Finissage am 18. Juni ein letztes Mal geben wird. Wer kann, sollte diese Chancen auf jeden Fall nutzen. Es lohnt sich definitiv.

Und zum Abschluss noch ein Zitat, das zeigt, wie weit der Einfluss des „Nachtmahrs“ reicht.

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Alle 11 Minuten ein neues Gekritzel – ich SKETCHNOTE jetzt

Tatsächlich einen Vorsatz in die Tat umgesetzt: Ich klopf‘ mir mal auf die Schulter.

Sketchnotes haben in den letzten Jahren einen echten Boom hinter sich. Kaum ein Konferenzvortrag kommt noch ohne ein Sketchnote-Protokoll aus. Eine Sketchnote besteht aus einer Kombination von einfachen Skizzen, Schriften, Formen, Pfeilen, Aufzählungszeichen etc. Es geht nicht um Kunst, sondern darum, Sachverhalte einprägsam darzustellen. Das würde ich auch gerne können. Und habe jetzt einfach mal angefangen.

Um aus den Startblöcken zu kommen, habe ich mir:

  1. Ein Buch gekauft. Es heißt „Die Sketchnote Starthilfe“, verfasst von Tanja Wehr. Ein „praktischer Leitfaden für alle, die glauben, nicht zu zeichnen zu können“. Für mich  also perfekt!
  2. Und noch wichtiger: Ich habe in der VHS Frankfurt einen Kurs besucht mit dem Titel „Visual Storytelling mit Sketchnotes für Social Media“, den ich sehr empfehlen kann. Die drei Einheiten sind sehr praxisorientiert, gut strukturiert und man verliert die Scheu, etwas aufs Papier zu bringen. Im Juni wird der Kurs noch mal angeboten. Also wer auch sketchnoten will, kriegt hier mehr Infos.

Die Übungen haben Spaß gemacht. Ich hoffe, dass ich dran bleibe. Die Chancen stehen gut, da ich das Gekritzel irgendwie ganz entspannend finde.

Und jetzt gibt es hier ein paar der ersten Werke zu sehen.

 

 

Der Typ hat 20 Millionen verzockt. Er ist der beste Pokerlehrer, den ich kenne.

Da ich ja gerne on- und offline Poker spiele, linse ich bei einem großen Online-Buchhändler immer mal wieder in die Sektion der Pokerbücher. Mein letzter Kauf war ein echter Glücksgriff. Das Buch heißt „Every Hand Revealed“ und wurde von Gus Hansen verfasst.

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Bei dem Blick würde ich auch folden!

 

Der Titel beschreibt gut, worum es geht. Gus Hansen beschreibt (fast) jede Hand, die er bei einem Turnier, den Aussie Millions, gespielt hat. Also: Welcher Karten hat er, welche der oder die Gegner, welche Position etc. Von der ersten Hand bis zum Final Table und dem Heads-Up. Man kann ja raten, wer das Turnier gewonnen hat.

Das Buch ist in einem leicht verständlichen Englisch geschrieben, aber es ist nicht für den Pokeranfänger geeignet. Denn Gus Hansen war einer der Protagonisten eines neuen, sehr aggressiven Spielstils. Für den Anfänger gilt, dass er grundsätzlich „tight“ spielen sollte, also nur mit wirklich sehr guten Karten (AA, KK, QQ, AK, AQ…). Gus Hansen zeigt sehr eindrucksvoll, wie man von diesem Stil wegkommt und auch viele gute, mittelprächtige bis schlechte Hände (JT, 98, 99…) erfolgreich spielen kann.

Für mich waren einige der Erkenntnisse aus dem Buch:

  • Erweiterung des spielbaren Handspektrums
  • Weniger all-in Moves spielen
  • Weniger callen, mehr raisen, auch re-raisen
  • Mehr Blinds und Antes, vor allem beim Turnierpoker ,“klauen“
  • Hände früher aufgeben
  • Während eines Spiels öfter mal die Gangart wechseln, um schwerer durchschaubar zu bleiben
  • Bluffs, eigene und die von Gegnern, werden oft überschätzt. Man sollte nicht viel bluffen, wenn man überhaupt nichts hat. Und gute Spieler bluffen auch viel weniger als angenommen.

Sorry, wenn das hier zu spezifisch wird. Wer sich erstmals mit der Materie beschäftigt, kann z.B. zur „Pokerschule“ von Jan Meinert greifen.

Wichtig ist, und das betont Gus Hansen auch, dass man nicht probiert, blind einen Stil zu kopieren. Aber ich habe mir dem „Madman“ einiges abschauen können. „Every Hand Revealed“ ist vor allem für Turnierspieler geeignet, aber einige Konzepte sind auch auf Cash Games anwendbar.

So, und jetzt noch zur Auflösung der Clickbait-Headline. Gus Hansen hat sich 2014 vom Pokern zurückgezogen, nachdem er vor allem online geschätzte 20 Millionen versenkt hat. 

Vielleicht hätte er besser noch einmal sein eigenes Buch gelesen…

Für eine Handvoll Guiris

Bueno: Dank der Erderwärmung kann man sich den Urlaub in südlichen Gefilden bald sparen. So hat doch alles auch seine guten Seiten! Tatsache ist: Im September des Jahres 2016 unterscheiden sich die Temperaturen zwischen Offenfurt bzw. Frankbach und Sevilla nicht sonderlich. Die Sonne toastet dich bei 30 Grad Plus. Lohnt es sich trotzdem, in den Flieger zu steigen? Ok, rhetorische Frage.

Sevilla ist ideal für einen Städtetrip. Es ist relativ überschaubar, die Innenstadt kann man zu Fuß erkunden. Und es ist einfach richtig schön. Das ist auch der Grund, warum dieser Blogpost besser „Für ein paar Guiris mehr“ heißen müssten. Oder sogar „Spiel mir das Lied vom Guiri“ – um die Trilogie zu vollenden (Guiri = Tourist).

Die Tage in Sevilla vergehen in einem angenehmen Rhythmus. Du schlenderst durch die Gassen, schaust dir eine Sehenswürdigkeit an, isst ein paar Tapas, schlenderst durch die Gassen, gehst etwas essen, machst eine Flussfahrt… ich glaube, es wird klar, was ich meine. Um es etwas konkreter zu fassen, hier einige Tipps/Anmerkungen:

  • Obwohl die Sevilla keine Millionenmetropole ist, kann man sich doch mal verlaufen. Neben einem Stadtplan empfehle ich eine Offline-Map. Ich habe mir maps.me installiert, die App war extrem hilfreich.
  • Unbedingt anschauen: Die Palastanlage Reales Alcazares, das Museum der schönen Künste, das Stadtviertel Santa Cruz und den Maria-Luisa-Park. Zum Pflichtprogramm gehört auch noch die Kathedrale und die Giralda.
  • Essen geht macht Spaß, da die Qualität meist sehr gut ist und die Preise moderat bis günstig sind. Sehr gute Tapas gibt’s im Casablanca (C/Adolfo Rodríguez Jurado nº 12, in der Nähe der Kathedrale), im Casa Román (Plaza de los Venerables 1, Santa Cruz) und im Europa (Calle Siete Revueltas 35).
  • Ein Tipp für den besonderen Abend: El Traga. Tapas werden hier modern interpretiert, exzellente Qualität, sehr kompetente Beratung. Etwas hochpreisiger, aber es lohnt sich.
  • Was nicht unbedingt sein muss: Die Besichtigung der Stierkampfarena La Maestranza. Die halbstündige Führung ist dann doch sehr unspektakulär.

Und jetzt gibt es noch was zu sehen…

 

Gut gebrüllt – meine Cannes Lieblinge

Die Werbe-Oscars, die Löwen, sind gerade in Cannes verliehen worden. Hier ist eine Auswahl von prämierten Arbeiten, die mir besonders gut gefallen.

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An meinem Löwen arbeite ich noch …

Justino; Leo Burnett

Eine sehr schöne Geschichte, perfekt animiert. Durchaus Pixar-Niveau. Beworben wird die spanische Weihnachtslotterie. Der Film ist nur das Herzstück der Kampagne, Justino hatte auch einen eigenen Kanal auf Instagram, auf Facebook konnte man die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven verfolgen. Holt die Taschentücher raus.

The next Rembrandt; JWT Amsterdam

Kennt wahrscheinlich schon jeder, der irgendwas mit Werbung zu tun hat. Wird – zu Recht – abgefeiert als perfekte Verbindung einer großen Idee mit Big Data und Technologie. Die ING Bank positioniert sich hiermit glaubhaft als innovatives Unternehmen.

#Whoistheking; Buzzman

Burger King war mit dem McWhopper einer der ganz großen Gewinner. Deutlich kleiner, aber sehr charmant ist auch diese Battle mit dem Rivalen McDonald’s.

Anti-Rival Vaccine; Ogilvy Brasil

Für mich als Fußball- und Eintracht-Fan der heimliche Star des Festivals. Ich finde die Idee großartig. Da stört es mich auch nicht weiter, dass das Ganze doch stark nach „Wir basteln uns einen Award Case“ riecht.

Wer jetzt weiter gute Werbung sehen will, kann das gerne tun: Cannes Winner 2016

Ist Kundenservice die bessere Werbung?

Vor kurzem habe ich den neuen Hornbach-Spot „Haarkranz“ auf Facebook geteilt. Sehr schnell wurde er so kommentiert:

„mich nervt die hornbach-werbung die nur versucht besonders anders zu sein. geht man mal tatsächlich in deren baumarkt, da holt dich die realität ein – mieser service, sieht heruntergekommen aus. lieber erst mal da investieren statt in teure agenturen und spots“

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Kollege kommt gleich!

Gegenbeispiel: Vor kurzem ist der Timer meiner Philips Sonicare Zahnbürste ausgefallen. Das Gerät war gerade mal 6 Monate alt und hat stolze 140 Euro gekostet. An einem Samstag habe ich den Philips Kundenservice kontaktiert. Am folgenden Dienstag hatte ich ein Austauschgerät. Perfekt!

Sicher sind diese zwei Fälle nicht repräsentativ. Aber ich möchte aus ihnen trotzdem ein paar Thesen ableiten:

  • Kundenservice ist viral. Im positiven wie negativen Sinne. Denn gute oder schlechte Erfahrungen werden geteilt. Im Gegensatz zu vielen „viralen“ Filmen, die im medialen Rauschen untergehen.
  • Kundenservice ist zielgruppenunabhängig. Dadurch hat er eine riesige Reichweite – nämlich buchstäblich jeden, der ihn in Anspruch nimmt. Ganz egal wie jung oder alt, reich oder arm etc.
  • Kundenservice ist einfach zu verbessern. Jede Werbekampagne kann floppen, egal wieviel Zeit und Geld in die Entwicklung gesteckt wurde. Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass es irgendwo, irgendwann heißt: „Wir haben die Reaktionszeit im Service von 24 auf 4 Stunden gesenkt. Aber irgendwie kommt das beim Kunden nicht so gut an.“
  • Kundenservice kann der entscheidende „Produktvorteil“ sein. Nicht umsonst kämpft man sich vor dem Kauf z.B. eines Fernsehers durch x-Testberichte. Die Unterschiede zwischen den Modellen verschiedener Hersteller sind oft nur noch marginal, echte Innovationen selten. In diesem Umfeld kann ein exzellenter Kundenservice die Kaufentscheidung positiv beeinflussen.

Insgesamt, so mein Gefühl, ist der Kundenservice vieler Marken besser geworden. Sicher auch eine Folge der sozialen Medien, in denen Horror-Stories enttäuschter Kunden schnell die Runde machen.

Aber es gibt, siehe Hornbach, eben auch noch viel Luft nach oben. Darum sollten sich Marken fragen, ob sie ihr Geld nicht besser in den Kundenservice statt in die nächste Werbekampagne stecken sollten. Es gibt nur einen Nachteil. Das Thema ist halt so unsexy:

Bei den Cannes Lions, dem Werbe-Oscar, konnte ich auf die Schnelle keine Kategorie „Customer Service“ entdecken 😉